Lernen

Hintergrundinformationen zum deklarativen Wissen

               

 

 

 

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Im Zusammenhang mit sog. deklarativem Wissen fallen immer wieder Begriffe, die im Folgenden geklärt werden. Es ist jedoch nicht notwendig, diese Begriffe zu kennen, um erfolgreich die Lernstrategien anwenden zu können. Vielmehr ist diese Seite als „Nachschlagewerk“ und als Möglichkeit zum vertieften Studium zu verstehen.

Inhalt

*       Kognitive Prozesse  2

*       Begriffe und Aussagen. 2

*       Logische und prototypische Begriffsbildung. 2

*       Schemata. 3

*       Erklärungsbegriffe. 3

*       Klärung von Begriffen. 3

*       Denotation und Konnotation. 3

*       Begriffshierarchien. 4

*       Assimilation. 4

*       Repräsentationen. 4

*       Aussagenartige Repräsentationen. 4

*       Ereignisnetzwerke. 4

*       Begriffsnetzwerke. 5

*       Analoge Repräsentationen. 5

*       Handlungsmäßige Repräsentationen. 5

*       Multiple Repräsentationen  5

Kognitive Prozesse

 

Durch sog. kognitive Prozesse erhält man Wissen über seine Umwelt. Kognitive Prozesse sind v. a. Wahrnehmen, Vorstellung, Denken, Urteilen und die Sprache. Durch kognitive Prozesse wird Wissen (= kognitive Strukturen) aufgebaut.

Dabei findet häufig kein völliges Neulernen, sondern ein „Umlernen“ bereits vorhandener Strukturen – also ein Denken – statt. Kognitive Strukturen sind dabei nicht einfach „Abbild" der Umwelt, sondern sind das Resultat einer Verarbeitung von Erfahrungen unter Einbezug des individuellen Vorwissens.

Rezeptives und entdeckendes Lernen

 

Bei rezeptivem Lernen wird dem Lerner der vollständige Inhalt von dem was gelernt werden soll, in fertiger Form übermittelt (z. B. als Skript oder Buch). Das Lernmaterial soll später mechanisch (wörtlich) oder sinngemäß reproduziert werden können.

Beim entdeckenden Lernen hingegen ist der Hauptinhalt des zu Lernenden erst zu entdecken, bevor er in die eigene Wissensstruktur assimiliert werden kann.

Begriffe und Aussagen

 

Deklaratives Wissen kann aus Begriffen und aus Aussagen bestehen. So kann ich wissen, was „Pferd“ (= Begriff) bedeutet oder wissen, dass „Wasser bei 100 Grad Celsius und einem Bar Druck zu kochen beginnt“ (= Aussage).

Zeichen und Bedeutung

Wichtig ist ferner die Unterscheidung zwischen Begriff als Bedeutung und Begriff(sname) im Sinne eines Hinweises (geschriebenes oder gesprochenes Wort). Kinder haben oft schon Begriffe von Sachverhalten, aber oft noch kein Zeichen dafür.

Logische und prototypische Begriffsbildung

 

Man unterscheidet zwei Hauptklassen von Begriffen: die Eigenschaftsbegriffe und die Erklärungsbegriffe (dazu weiter unten). Bei den Eigenschaftsbegriffen gibt es zwei Auffassungen: die klassische Theorie und die Prototypentheorie.

Nach der älteren („klassischen") Theorie gehört etwas unter einem Begriff (Kategorie), wenn es bestimmte Merkmale (= kritische Attribute) in geforderter Kombination besitzt. Den Begriff „Aggression“ könnte man z. B. mit den beiden Merkmalen „jemandem Schaden zufügen“ UND „mit Absicht“ bestimmen.

Nun wird mindestes jeder, der mit Kindern zu tun hat, einwenden, dass Kinder (aber auch Erwachsene) Begriffe nicht vorrangig auf diese Weise erlernt haben. Das berühmte Tassen-Experiment von LABOV macht schnell deutlich, dass wir oft keine genaue Vorstellung von den definitorischen Merkmalen haben, sondern uns an Prototypen, an idealen Vertretern eines Begriffs orientieren und deshalb überraschend genau wissen, was z. B. als Tasse bezeichnet werden kann und was nicht, ohne dabei genau angeben zu können, wo die Grenze zwischen Tasse und Nicht-Tasse zu ziehen wäre.

So wird z. B. auch unter den Begriff „Vogel“ (Typus) gerechnet, was einigermaßen wie eine Amsel oder ein Sperling aussieht. Dabei kompensieren wir die Unsicherheit bei dieser Bestimmung durch Einbezug von Kontextinformationen, die weitere Indizien für eine Zugehörigkeit zu einem gewissen Begriff geben (fliegt wahrscheinlich, ist wahrscheinlich im Freien, krächzt oder pfeift wahrscheinlich etc.).  

Schemata

 

Eine vieldiskutierte Variante des Begriffs ist das Schema. In der Lernforschung ist die Diskussion um die Schemata noch in vollem Gange.

Was muss man sich unter Schemata vorstellen? Ein Beispiel kann dies veranschaulichen: Spricht der Gegenüber von einem Haus, dann haben wir normalerweise schon eine ungefähr Vorstellung von verschiedenen Aspekten dieses Hauses, auch wenn wir das angesprochene Haus nicht aus eigener Anschauung kennen: Wir kennen ungefähr die Größe, wir nehmen an, dass es Fenster, eine Tür, Zimmer hat etc.

Das Schema von „Haus“ wäre dann zum Beispiel:

*       Oberbegriff: Gebäude

*       Teile: Zimmer

*       Material: Holz, Stein

*       Funktion: Wohnraum des Menschen

*       Form: Rechteckig, dreieckig

*       Größe: Zwischen 10 und 1000 Quadratmeter

Links vom Doppelpunkt - hier „Oberbegriff“, „Teile“ etc. - stehen sog. Slots oder Attribute. Rechts vom Doppelpunkt – hier „Gebäude“, „Zimmer“ etc. – stehen sog. Ausprägungen/Werte. Typische Ausprägungen/Werte nennt man Default-Werte. Konkrete Häuser können auch Ausprägungen besitzen, die nicht mit den Default-Werten übereinstimmen (Glashäuser).

Erklärungsbegriffe

 

Erklärungsbegriffe werden als Ursache oder Auswirkung einer Erscheinung bestimmt. So kann z. B. „Schwerkraft“ als „Auswirkung der Anziehungskraft von Körpern“ oder „Sauerstoff“ als „eine Ursache für das menschliche Leben“ bestimmt werden. Die Begriffsbestimmung erfolgt hier aber immer durch einen Eigenschaftsbegriff, nur dann kann damit sinnvoll etwas erklärt werden.

Klärung von Begriffen

 

Da Begriffsnamen nicht immer eindeutig einer Kategorie oder Theorie zuge­ordnet sind, müssen Begriffe je nach verlangtem Grad der Genauigkeit in der wissenschaftlichen und alltäglichen Kom­munikation definiert werden. Man verwendet hauptsächlich drei Definitionsformen für die Eigenschaftsbegriffe:

*       Die Realdefinition, d. h. die Bestimmung durch Nennung des nächs höheren Oberbegriffs und Angabe des artspezifischen Unterschieds. Beispiel: Ein Quadrat ist ein Viereck (= Oberbegriff), das vier gleich lange Seiten und vier gleich große Winkel (= artspezifische Unterschiede) aufweist.

*       Die Nominaldefinition, d. h. die Gleichsetzung des Begriffsnamens mit bekannten Begriffsnamen. Beispiel: Intelligenz ist Begabung.

*       Die operationale Definition, d. h. der Begriff wird als Folge einer Operation/Handlung festgelegt. Beispiel: Böse ist, wenn man seinem Spielkameraden die Sandburg zerstört.

*       Zur Definition von Erklärungsbegriffen verweist man auf eine Theorie. Zum Beispiel kann ich den Begriff der Aggression im Sinne des Lernforschers BANDURA verwenden.

Denotation und Konnotation

 

Begriffe verfügen über eine sachliche (denotative) und über eine emotionale (konnotative) Komponente. Der sachliche Bedeutungsinhalt wird wie eben beschrieben definiert.

Jeder Begriff löst aber auch emotionale Reaktionen aus (= konnotative Komponente). Solche konnotative Bedeutungen eines Begriffes können trotz gleicher denotativer Bedeutung höchst unterschiedlich sein. So löst der Begriff „Oberhirte“ bei einem Kirchengegener eine gänzlich andere Konnotation aus als bei einem gläubigen Katholiken.

Begriffshierarchien

 

Begriffe werden nicht isoliert erworben. Einen Begriff lernen heißt fast immer, ihn gleichzeitig von angrenzenden Begriffen zu unterscheiden (sog. multiple Diskrimination), wie auch, ihn zu ähnlichen Begriffen in Beziehung zu setzen. Solche Ähnlichkeiten werden durch Begriffshierarchien abgespeichert.

Assimilation

 

Unter Assimilation wird das Verknüpfen des neuen Lernstoffes mit dem Vorwissen bezeichnet. Es lassen sich unter dem Gesichtspunkt der Assimilation zwei Arten des Wis­senserwerbs unterscheiden:

*       Sinnvolles Lernen = Assimilation = Verankerung im Vorwissen = große Verarbeitungstiefe.

*       Mechanisches Lernen = keine Assimilation = Lernen sprachlicher Ketten = Auswendiglernen = geringe Verarbeitungstiefe.

Repräsentationen

 

Man kann drei Formen der inneren geistigen Darstellung unterscheiden:

*       aussagenartige Repräsentation

*       analoge Repräsen­tation

*       handlungsmäßige Repräsenta­tion

Diese unterschiedlichen sog. Repräsentationen werden im Folgenden genauer beleuchtet.

Aussagenartige
Repräsentationen

 

Wenden wir uns zuerst den sog. aussageartigen Repräsentationen zu. Solche aussagenartigen Repräsentationen entstehen, wenn man die Bedeutung von etwas im Gehirn speichert. Eine Bedeutung erschließt sich aus Zeichen oder Bildern. Die Speicherung des Aussehens dieser Zeichen und Bilder bezeichnet man als analoge Repräsentation.

Am folgenden Beispiel kann diese Unterscheidung nochmals deutlich gemacht werden. Das folgende Bild von Michelangelo Caravaggio kann man eine Zeit lang anschauen. Anschließend wir man sich mit geschlossenen Augen an das Bild erinnern können und es gleichsam vor dem geistigen Auge (mehr oder weniger deutlich) sehen. D. h. Sie haben eine analoge Repräsentation in Ihrem Gehirn gespeichert.

Zugleich werden Sie aber auch die Bedeutung des Bildes „ein junger Mann (Bacchus) mit Weinlaub auf dem Kopf hält ein Glas mit Wein“ sich einprägen. Diese Bedeutung ist die sog. aussageartige Repräsentation.

Typisch dafür ist, dass die analoge Repräsentation relativ bald verblassen wird, manchmal sich sogar verschiebt, so dass der junge Mann in Ihrer Erinnerung bald deutlich anders als auf dem Bild aussieht.

 

Bei diesen aussagenartigen Repräsentationen kann nun wiederum zwischen zwei Unterarten unterschieden werden: zwischen episodischem und semantischem Gedächtnis.

*       Das episodische Gedächtnis enthält Ereignisse (selbst erlebte oder berichtete), die geschehen sind, immer wieder geschehen (können) oder geschehen werden. 

*       Das semantische Gedächtnis enthält nur die Bedeutungen, die man weiß, aber die keinen spezifischen zeitlichen Bezug haben.

Im Folgenden hierzu noch Ausführlicheres.

Ereignisnetzwerke

 

Der kleinste Bauteil des episodischen Gedächtnisses ist ein Ereignis und wird auch Proposition genannt. Solche einfachsten Ereignisse oder Propositionen können sprachlich als Behauptung über ein Geschehen wiedergegeben werden, die wahr oder falsch ist. Z. B. kann durch die Behauptung „Vitamin C verhindert Skorbut“ eine Proposition ausgedrückt werden. Etwas umständlich ausgedrückt könnte man sagen, dass es immer wieder geschieht, dass Vitamin C Skorbut verhindert.

Um eine solche Proposition darzustellen, nutzt man u. a. folgende Darstellung.

 

 

Komplexere Aussagen über Ereignisse können als propositionale Netzwerke dargestellt werden. Zum Beispiel kann die komplexe Behauptung „Vitamin C verhindert Skorbut, in dem das Vitamin die Bildung weißer Blutkörperchen fördert und so Skorbut bekämpft“ wie unten dargestellt konstruiert werden. Selbstverständlich kann auch ein ganzer Roman in dieser Weise zerlegt werden.

 

 

Begriffsnetzwerke

 

Der kleinste Bauteil des semantischen Gedächtnisses ist der Begriff (oder Schemata). Begriffe – so ein diskutiertes Modell – werden in ökonomischen Hierarchien abgespeichert. Dabei meint „ökonomisch“, dass nur die Merkmale zu einem Begriff abgespeichert werden, die nicht schon bei den Oberbegriffen vorkommen.

Im folgenden Beispiel ist der Kanarienvogel „gelb“ und „kann singen“, dass er auch fliegen kann, Federn hat etc. ist schon bei den Oberbegriffen abgespeichert. Ob dieses Prinzip der Speicherökonomie immer angewandt wird, wird aktuell diskutiert.

 

Analoge Repräsentationen

 

Neben einer abstrakten Bedeutung kann man auch relativ anschauliche Vorstellungsbilder speichern. Es handelt sich dabei um mentale Bilder, doch sind sie im Gegensatz zu reinen Photographien mit Information angereichert (ansonsten könnten wir in Gedanken keinen Würfel umdrehen). 

Handlungsmäßige  
Repräsentationen

 

Handlungsmäßige Repräsentationen bilden sich durch den handelnden Umgang mit Dingen aus. Dabei werden eine Vielzahl von nicht-sprachlichen Erfahrungen erfasst. Das Spezielle dieser Repräsentation ist noch weitgehend unklar. Vermutet werden kann, dass sich hier neben anschaulichen analogen Repräsentationen auch andere Sinneseindrücke (Geruch, innere körperliche Empfindungen, Geschmack, Tasterlebnisse etc.) repräsentiert werden.

Multiple Repräsentationen

 

Wenn Informationen sowohl aussagenartig als auch analog oder handlungsmäßig repräsentiert werden, wird von multipler Repräsentation oder dualer Kodierung gesprochen.

Besonders der Lernforscher PAIVIO hat auf den Wert solcher multipler Repräsentationen hingewiesen: Sei ermöglichen schnelleres erfassen und besseres behalten.