Zu dieser Seite
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Im Zusammenhang mit
sog. deklarativem Wissen fallen immer wieder Begriffe, die im Folgenden
geklärt werden. Es ist jedoch nicht notwendig, diese Begriffe zu kennen, um
erfolgreich die Lernstrategien anwenden zu können. Vielmehr ist diese Seite
als „Nachschlagewerk“ und als Möglichkeit zum vertieften Studium zu verstehen. |
Inhalt
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Logische und prototypische Begriffsbildung Aussagenartige Repräsentationen |
Kognitive Prozesse
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Durch sog. kognitive
Prozesse erhält man Wissen über seine Umwelt. Kognitive Prozesse sind v. a. Wahrnehmen, Vorstellung,
Denken, Urteilen und die Sprache. Durch kognitive Prozesse wird Wissen (= kognitive
Strukturen) aufgebaut. Dabei findet häufig
kein völliges Neulernen, sondern ein „Umlernen“ bereits vorhandener
Strukturen – also ein Denken – statt. Kognitive Strukturen sind dabei nicht
einfach „Abbild" der Umwelt, sondern sind das Resultat einer
Verarbeitung von Erfahrungen unter Einbezug des individuellen Vorwissens. |
Rezeptives und entdeckendes Lernen
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Bei rezeptivem Lernen
wird dem Lerner der vollständige Inhalt von dem was gelernt werden soll, in fertiger Form übermittelt
(z. B. als Skript oder Buch). Das Lernmaterial soll später mechanisch
(wörtlich) oder sinngemäß reproduziert werden können. Beim entdeckenden
Lernen hingegen ist der Hauptinhalt
des zu Lernenden erst zu entdecken, bevor er in die eigene Wissensstruktur
assimiliert werden kann. |
Begriffe und Aussagen
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Deklaratives
Wissen kann aus Begriffen und aus
Aussagen bestehen. So kann ich wissen, was „Pferd“ (= Begriff) bedeutet oder wissen,
dass „Wasser bei 100 Grad Celsius und einem Bar Druck zu kochen beginnt“ (=
Aussage). |
Zeichen und Bedeutung
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Wichtig ist ferner die
Unterscheidung zwischen Begriff als Bedeutung und Begriff(sname) im Sinne
eines Hinweises (geschriebenes oder gesprochenes Wort). Kinder haben oft
schon Begriffe von Sachverhalten, aber oft noch kein Zeichen dafür. |
Logische und
prototypische Begriffsbildung
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Man unterscheidet zwei Hauptklassen von Begriffen: die
Eigenschaftsbegriffe und die Erklärungsbegriffe (dazu weiter unten). Bei den Eigenschaftsbegriffen gibt es zwei
Auffassungen: die klassische
Theorie und die Prototypentheorie. Nach der älteren
(„klassischen") Theorie gehört etwas unter einem Begriff (Kategorie),
wenn es bestimmte Merkmale (= kritische Attribute) in geforderter Kombination
besitzt. Den Begriff „Aggression“ könnte man z. B. mit den beiden Merkmalen
„jemandem Schaden zufügen“ UND „mit Absicht“ bestimmen. Nun wird mindestes
jeder, der mit Kindern zu tun hat, einwenden, dass Kinder (aber auch
Erwachsene) Begriffe nicht vorrangig auf diese Weise erlernt haben. Das
berühmte Tassen-Experiment von LABOV macht
schnell deutlich, dass
wir oft keine genaue Vorstellung von den definitorischen Merkmalen haben,
sondern uns an Prototypen, an idealen Vertretern eines Begriffs orientieren
und deshalb überraschend genau wissen, was z. B. als Tasse bezeichnet werden
kann und was nicht, ohne dabei genau angeben zu können, wo die Grenze
zwischen Tasse und Nicht-Tasse zu ziehen wäre. So wird z. B. auch
unter den Begriff „Vogel“ (Typus) gerechnet, was einigermaßen wie eine Amsel
oder ein Sperling aussieht. Dabei kompensieren wir die Unsicherheit bei
dieser Bestimmung durch Einbezug
von Kontextinformationen, die weitere Indizien für eine Zugehörigkeit
zu einem gewissen Begriff geben (fliegt wahrscheinlich, ist wahrscheinlich im
Freien, krächzt oder pfeift wahrscheinlich etc.). |
Schemata
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Eine vieldiskutierte Variante
des Begriffs ist das Schema. In der Lernforschung ist die Diskussion um die
Schemata noch in vollem Gange. Was muss man sich unter
Schemata vorstellen? Ein Beispiel kann dies veranschaulichen: Spricht der Gegenüber von
einem Haus, dann haben wir normalerweise schon eine ungefähr Vorstellung von
verschiedenen Aspekten dieses Hauses, auch wenn wir das angesprochene Haus
nicht aus eigener Anschauung kennen: Wir kennen ungefähr die Größe, wir
nehmen an, dass es Fenster, eine Tür, Zimmer hat etc. Das Schema von „Haus“
wäre dann zum Beispiel: Oberbegriff: Gebäude Teile: Zimmer Material: Holz, Stein Funktion: Wohnraum des Menschen Form: Rechteckig, dreieckig Größe: Zwischen 10 und 1000 Quadratmeter Links vom Doppelpunkt -
hier „Oberbegriff“, „Teile“ etc. - stehen sog. Slots oder Attribute. Rechts vom Doppelpunkt –
hier „Gebäude“, „Zimmer“ etc. – stehen sog. Ausprägungen/Werte. Typische Ausprägungen/Werte
nennt man Default-Werte.
Konkrete Häuser können auch Ausprägungen besitzen, die nicht mit den Default-Werten
übereinstimmen (Glashäuser). |
Erklärungsbegriffe
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Erklärungsbegriffe werden als Ursache oder Auswirkung
einer Erscheinung bestimmt. So kann z.
B. „Schwerkraft“ als „Auswirkung der Anziehungskraft von Körpern“ oder „Sauerstoff“
als „eine Ursache für das menschliche Leben“ bestimmt werden. Die Begriffsbestimmung erfolgt
hier aber immer durch einen Eigenschaftsbegriff, nur dann kann damit
sinnvoll etwas erklärt werden. |
Klärung von Begriffen
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Da Begriffsnamen nicht
immer eindeutig einer Kategorie oder Theorie zugeordnet sind, müssen Begriffe je nach verlangtem
Grad der Genauigkeit in der wissenschaftlichen und alltäglichen Kommunikation
definiert werden. Man verwendet hauptsächlich drei Definitionsformen
für die Eigenschaftsbegriffe: Die Realdefinition, d. h. die Bestimmung durch Nennung des nächs
höheren Oberbegriffs und Angabe des artspezifischen Unterschieds. Beispiel:
Ein Quadrat ist ein Viereck (= Oberbegriff), das vier gleich lange Seiten und
vier gleich große Winkel (= artspezifische Unterschiede) aufweist. Die Nominaldefinition, d. h. die Gleichsetzung des Begriffsnamens
mit bekannten Begriffsnamen. Beispiel: Intelligenz ist Begabung. Die operationale Definition, d. h. der Begriff wird als Folge einer
Operation/Handlung festgelegt. Beispiel: Böse ist, wenn man seinem Spielkameraden
die Sandburg zerstört. Zur Definition von Erklärungsbegriffen verweist man auf eine
Theorie. Zum Beispiel kann ich den Begriff der Aggression im Sinne des
Lernforschers BANDURA verwenden. |
Denotation und
Konnotation
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Begriffe verfügen über eine sachliche (denotative)
und über eine emotionale (konnotative) Komponente. Der sachliche
Bedeutungsinhalt wird wie eben beschrieben definiert. Jeder Begriff löst aber auch emotionale Reaktionen aus
(= konnotative Komponente). Solche
konnotative Bedeutungen eines Begriffes können trotz gleicher denotativer
Bedeutung höchst unterschiedlich sein. So löst der Begriff „Oberhirte“ bei
einem Kirchengegener eine gänzlich andere Konnotation aus als bei einem
gläubigen Katholiken. |
Begriffshierarchien
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Begriffe werden nicht
isoliert erworben. Einen
Begriff lernen heißt fast immer, ihn gleichzeitig von angrenzenden Begriffen zu
unterscheiden (sog. multiple Diskrimination), wie auch, ihn zu ähnlichen
Begriffen in Beziehung zu setzen. Solche Ähnlichkeiten werden durch
Begriffshierarchien abgespeichert. |
Assimilation
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Unter Assimilation wird das Verknüpfen des neuen
Lernstoffes mit dem Vorwissen bezeichnet.
Es lassen sich unter dem Gesichtspunkt der Assimilation zwei Arten des Wissenserwerbs
unterscheiden: Sinnvolles Lernen = Assimilation = Verankerung im
Vorwissen = große Verarbeitungstiefe. Mechanisches Lernen = keine Assimilation = Lernen
sprachlicher Ketten = Auswendiglernen = geringe Verarbeitungstiefe. |
Repräsentationen
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Man kann drei Formen
der inneren geistigen Darstellung unterscheiden: aussagenartige Repräsentation analoge Repräsentation handlungsmäßige Repräsentation Diese unterschiedlichen
sog. Repräsentationen werden im Folgenden genauer beleuchtet. |
Aussagenartige
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Wenden wir uns zuerst den
sog. aussageartigen Repräsentationen zu. Solche aussagenartigen
Repräsentationen entstehen, wenn man die Bedeutung von etwas im Gehirn speichert.
Eine Bedeutung erschließt sich aus Zeichen oder Bildern. Die Speicherung des
Aussehens dieser Zeichen und Bilder bezeichnet man als analoge
Repräsentation. Am folgenden Beispiel
kann diese Unterscheidung nochmals deutlich gemacht werden. Das folgende Bild
von Michelangelo Caravaggio kann man eine Zeit lang anschauen. Anschließend
wir man sich mit geschlossenen Augen an das Bild erinnern können und es
gleichsam vor dem geistigen Auge (mehr oder weniger deutlich) sehen. D. h.
Sie haben eine analoge Repräsentation in Ihrem Gehirn gespeichert. Zugleich werden Sie
aber auch die Bedeutung des Bildes „ein junger Mann (Bacchus) mit Weinlaub
auf dem Kopf hält ein Glas mit Wein“ sich einprägen. Diese Bedeutung ist die
sog. aussageartige Repräsentation. Typisch dafür ist, dass
die analoge Repräsentation relativ bald verblassen wird, manchmal sich sogar
verschiebt, so dass der junge Mann in Ihrer Erinnerung bald deutlich anders
als auf dem Bild aussieht.
Bei diesen
aussagenartigen Repräsentationen kann nun wiederum zwischen zwei Unterarten
unterschieden werden: zwischen episodischem und semantischem Gedächtnis. Das
episodische Gedächtnis enthält Ereignisse (selbst erlebte oder berichtete),
die geschehen sind, immer wieder geschehen (können) oder geschehen
werden. Das
semantische Gedächtnis enthält nur die Bedeutungen, die man weiß, aber die
keinen spezifischen zeitlichen Bezug haben. Im Folgenden hierzu
noch Ausführlicheres. |
Ereignisnetzwerke
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Der kleinste Bauteil des
episodischen Gedächtnisses ist ein Ereignis und wird auch Proposition
genannt. Solche einfachsten Ereignisse oder Propositionen können sprachlich
als Behauptung über ein Geschehen wiedergegeben werden, die wahr oder falsch
ist. Z. B. kann durch die Behauptung „Vitamin C verhindert Skorbut“ eine
Proposition ausgedrückt werden. Etwas umständlich ausgedrückt könnte man
sagen, dass es immer wieder geschieht, dass Vitamin C Skorbut verhindert. Um eine solche
Proposition darzustellen, nutzt man u. a. folgende Darstellung.
Komplexere Aussagen
über Ereignisse können als propositionale Netzwerke dargestellt werden. Zum
Beispiel kann die komplexe Behauptung „Vitamin C verhindert Skorbut, in dem
das Vitamin die Bildung weißer Blutkörperchen fördert und so Skorbut
bekämpft“ wie unten dargestellt konstruiert werden. Selbstverständlich kann
auch ein ganzer Roman in dieser Weise zerlegt werden.
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Begriffsnetzwerke
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Der kleinste Bauteil des semantischen Gedächtnisses ist
der Begriff (oder Schemata). Begriffe – so ein
diskutiertes Modell – werden in ökonomischen Hierarchien abgespeichert. Dabei
meint „ökonomisch“, dass nur die Merkmale zu einem Begriff abgespeichert
werden, die nicht schon bei den Oberbegriffen vorkommen. Im folgenden Beispiel
ist der Kanarienvogel „gelb“ und „kann singen“, dass er auch fliegen kann,
Federn hat etc. ist schon bei den Oberbegriffen abgespeichert. Ob dieses
Prinzip der Speicherökonomie immer angewandt wird, wird aktuell diskutiert. |
Analoge Repräsentationen
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Neben einer abstrakten
Bedeutung kann man auch relativ anschauliche Vorstellungsbilder speichern. Es handelt sich dabei um
mentale Bilder, doch sind sie im Gegensatz zu reinen Photographien mit
Information angereichert (ansonsten könnten wir in Gedanken keinen
Würfel umdrehen). |
Handlungsmäßige
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Handlungsmäßige
Repräsentationen bilden sich durch den handelnden Umgang mit Dingen aus.
Dabei werden eine Vielzahl von nicht-sprachlichen Erfahrungen erfasst. Das Spezielle dieser
Repräsentation ist noch weitgehend unklar. Vermutet werden kann, dass sich
hier neben anschaulichen analogen Repräsentationen auch andere
Sinneseindrücke (Geruch, innere körperliche Empfindungen, Geschmack,
Tasterlebnisse etc.) repräsentiert werden. |
Multiple
Repräsentationen
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Wenn Informationen sowohl aussagenartig als auch analog
oder handlungsmäßig repräsentiert werden, wird von multipler Repräsentation
oder dualer Kodierung gesprochen. Besonders der Lernforscher PAIVIO hat auf den Wert solcher multipler Repräsentationen hingewiesen: Sei ermöglichen schnelleres erfassen und besseres behalten. |