Undeutlicher Lernbegriff
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Viel
ist über das Lernen geschrieben worden, der Lernbegriff
selbst ist jedoch überraschend undeutlich
geblieben. In der unübersichtlichen Fülle von Lerntheorien,
Lernvorstellungen, Lernmodellen lassen sich drei unterschiedliche Ansätze erkennen, den
Lernbegriff zu definieren: |
3 Definitionsarten
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1. Definitionen, die Lernen als eine relativ dauerhafte Veränderung von Verhaltensweisen
bestimmen, die durch eine spezielle Art der Wahrnehmungsverarbeitung bei der
Auseinandersetzung mit der Umwelt verursacht werden, die also nicht durch
angeborene Reaktionstendenzen (z. B. Fluchtreaktion), Reifung (z. B.
Muskelwachstum) oder vorübergehende Zustände des Organismus (z. B. Ermüdung,
Drogen) erklärbar sind. 2. Definitionen, die strukturelle Merkmale benennen, die Lernen entweder anhand
der besonderen Art der Verknüpfung zwischen Reiz- und Reaktionselementen und
deren Gliederung oder anhand bestimmter histologischer (das Gewebe betreffend)
oder biochemischer Strukturänderungen bestimmen. 3.
Operationale Definitionen, die Lernen mit experimentellen Ergebnissen gleichsetzen |
Gemeinsamkeiten
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Trotz
der Verschiedenartigkeit finden sich in den Definitionen Gemeinsamkeiten: Lernen wird übergreifend als
eine aufgrund von Erfahrung entstandene, relativ dauerhafte, meist bewertete
Veränderung einer Verhaltensdisposition (= Fähigkeit zu bestimmtem Verhalten)
verstanden. Im Folgenden werden die einzelnen Aspekte dieser
Definition noch genauer betrachtet. |
Erfahrung
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Erfahrung
– verstanden als eine Begegnung des Lernenden mit der Außenwelt - wird als
wesentlich für das Lernen angesehen und unterscheidet das Lernen von der
Reifung. Während
also Lernprozesse
Aktivität voraussetzen, geschehen Reifungsprozesse. Die wissenschaftliche Debatte über
Nativismus versus Empirismus (= angeboren oder erfahren; u. a. ein
maßgebliches Problem bei der Forschung der Wahrnehmungs- und
Sprachentwicklung) zeugt jedoch von Schwierigkeiten einer solchen Grenzziehung. Zudem scheint die vom berühmten (und umstrittenen)
Verhaltensforscher LORENZ (der mit den Gänsen) maßgeblich definierte Prägung (=
Instinkthandlungen, bei denen der motorische Ablauf, aber nicht das
Auslöseschema angeboren ist) in einem unklaren Verhältnis zu Lern- bzw. Reifungsprozessen
zu stehen. |
Veränderung und
Bewertung
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Veränderung kann Unterschiedliches bedeuten: Neuerwerb oder
Verlust (Lernen, Verlernen), Anpassung und Fehlanpassung, langsames oder
schlagartiges Anderswerden, eine Tätigkeit ausführen oder unterlassen. Es
scheint deshalb zweckdienlich zu sein, neben der Veränderung auch eine Wertung dieser Veränderung
einzubeziehen, da sonst nicht zwischen Einprägungs- und Vergessensprozessen
unterschieden werden kann. In der Praxis ist dies v. a. beim Lernen von
Motiven äußerst schwierig zu bewerten. |
Beständigkeit
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Das
Definitionsmerkmal „Beständigkeit“ ist vage (meist: relative Beständigkeit) und versucht
den Lernbegriff gegen
Verhaltensänderungen durch Ermüdung, Drogeneinfluss, Verletzung u. ä.
abzugrenzen. |