Lernen allgemein

Lernvorgang

               

 

 

 

6 Phasen des Lernens

Der Lernvorgang kann in sechs Phasen eingeteilt werden. Es ist bei keiner dieser Phasen notwendig, dass sie ins Bewusstsein tritt:

1 Phase

Der Lernprozess beginnt mit einem Verhalten, bei dem eine Begegnung wahrgenommen wird.

Beispiel: Ich begegne einer Rechenaufgabe.

2. Phase

Diese Begegnung wird als Problem wahrgenommen, weil das erwünschte Ziel durch das aktuelle Verhalten nicht erreicht werden kann (z. B. kann man die Rechenaufgabe nicht lösen). Es gibt also einen Mangel an Kennen und/oder Können und/oder Wollen (in diesem Beispiel v. a. Kennen und Können).

Ob etwas ein Problem ist oder nicht, unterliegt einer individuellen Bewertung (ist das Lösen der Rechung überhaupt wichtig für mich?).

Probleme sind dabei von Anforderungen dadurch abzugrenzen, dass die Fähigkeiten zum Erreichen des Endzustands bei Problemen (noch) nicht vorhanden sind, bei Anforderungen hingegen schon vorhanden sind und lediglich (durch eine Anstrengung) zur Geltung gebracht werden müssen.

3. Phase

Nun wird ein „Lösungsvorschlag“ ausgearbeitet. Dieser “Lösungsvorschlag” kann durch Denken oder durch neue zufällige oder geleitete Erfahrungen (z. B. Instruktion im Unterricht, Abschauen u. ä.) entstehen. Solche Lösungsvorschläge können entweder zeitlich unmittelbar an die Problemwahrnehmung anschließen oder erst später entwickelt werden.

4. Phase

Das neue Verhalten – der Problemlösungsvorschlag – wird nun erprobt:

a)     Wenn die Anwendung zu einer Lösung führt, tritt zum ersten Mal der Lernbesitz (= Wirksamkeit der Veränderung) hervor.

b)     Wenn die Wiederholung nicht zur Lösung führt, kann der Lernprozess bei der dritten Phase wieder neu aufgenommen werden, wobei die während des ersten Lösungsversuchs veränderten Fähigkeiten in den neuen Versuch einer Problemlösung einbezogen werden. Eine solche Wiederholung wird normalerweise als Üben bezeichnet. Dabei bleibt unbestimmt, ob die Veränderungen des vorangegangenen Übens dem weiteren Lösungsprozess förderlich sind, ob Üben ein - idealtypisch gedacht - spiralförmiges Annähern an die Lösung ist oder ob das Üben dem weiteren Lösungsprozess nicht dient oder ihn gar behindert.

Beim Üben kann zwar auch gelernt werden, aber es wurde noch nicht der Lernzweck - die Lösung für das Problem - erreicht. Aus dieser Perspektive ist Üben der Ausdruck eines noch nicht abgeschlossenen Lernprozesses. Diese Ausführungen zum Üben machen deutlich, dass der Entscheid, ob Lernen stattgefunden hat mit einer Bewertung einhergeht, was das Lernziel ist.

5. Phase

Der Lernbesitz wird als neue Disposition für eine Problemlösung relativ dauerhaft, d. h. im Langzeitgedächtnis gespeichert, so dass der Lernbesitz auch zu einem späteren Zeitpunkt offenbart werden kann.

6. Phase

Die sechste Stufe bezieht sich auf den Übergang zu weiterführenden Lernprozessen. In dieser Übergangsstufe werden die Problemlösungen soweit wie möglich automatisiert. Wenn die Problemlösungen Kapazitäten des Bewusstseins beanspruchen, dann werden diese nun durch Wiederholung zu weitgehend bedingten Reaktionen abgearbeitet (= automatisiert). Die frei werdenden Kapazitäten ermöglichen es - aufbauend auf dem Gelernten - komplexere Probleme in Angriff zu nehmen. Auch hier gilt: Was Üben und was Automatisieren ist, hängt von der Setzung des Lernziels bei der Betrachtung ab.

Beispiel: Das Üben einer Sonate kann zugleich als Automatisieren gewisser Takte dieser Sonate verstanden werden. Beim Üben ist das Lernziel der Vortrag der ganzen Sonate, beim Automatisieren hingegen ist das Lernziel der Vortrag gewisser Takte.

Theoretisch sollte aber eindeutig unterschieden werden: Bezogen auf das zu überwindende Problem ist Üben ein Misslingen und Automatisieren ein Gelingen.