Lerngesetze

Lerngesetze zur Erinnerung des Lernstoffes

               

 

 

 

Potenzgesetz des Vergessens

Der Zerfall einer Gedächtnisspur folgt einem Potenzgesetz des Behaltensintervalls, d. h. man vergisst nach dem Lernen relativ viel und mit der Zeit zunehmend langsamer = Potenzgesetz des Vergessens

Experimentelle Beweisführung

Absolventen eines Spanisch-Kurses an College und High School wurden bis 50 Jahre nach Abschluss des Kurses regelmäßig getestet. Nach 3 Jahren wird fast nichts mehr Zusätzliches vergessen (ein Abfall der Behaltensleistung zwischen 25 und 49 wurde durch physiologische Alterung begründet).

 

Interferenz

Werden zu einem Gedächtnisinhalt (z. B. die Assoziation Bach à 1750 gestorben) zusätzliche Assoziationen ohne innere Beziehung zum ersten gelernt (Bach à spielte Orgel), so kann dies ein Vergessen alter Assoziationen bewirken (= Interferenz), d. h. aufgrund dieser Interferenz wird es zunehmend schwieriger zusätzliche Informationen über eine Sache zu erlernen.

Experimentelle Beweisführung

Die Experimentalgruppe X lernt zwei Listen mit Assoziationspaaren: die erste Liste ist mit A-B und die zweite mit A-D benannt. Die Listen sind so bezeichnet, da sie die selben Stimuli (A) aufweisen. Z. B. können unter den Paaren, die die Testpersonen in der Liste A-B lernen, Katze-43 und Haus-61 sein. In der Liste A-D könnte sich dann Katze-82 und Haus-37 befinden.

Die Kontrollgruppe Y lernt zunächst auch die Liste A-B, dann aber eine andere Liste C-D als zweite Liste, die nicht dieselben Stimuli wie die erste Liste enthält. Nach 24 Stunden werden Behaltenstests durchgeführt. Im Allgemeinen sind die Behaltensleistungen der Gruppe X nicht so hoch wie die der Kontrollgruppe Y. Dies gilt sowohl für die Lernrate der zweiten Liste, als auch für das Behalten der Originalliste A-B.

 

Schemata

Um sich an gelernte Wissensinhalte zu erinnern, benutzt man Teile, an die man sich erinnern kann (auch Schemata genannt), um auf das zu schließen, was man außerdem noch gelernt hat.

Experimentelle Beweisführung

Die Idee, gelerntem Material über assoziierte Wissensbestände zu erschließen, macht das Beispiel der Mozartreise deutlich. Der erste Satz „Mozart machte eine lange Reise von München nach Paris“ kann aus den Sätzen „Mozart wollte München verlassen, um romantische Verstrickungen zu vermeiden“ und  „Mozart war von den musikalischen Entwicklungen fasziniert, die von Paris ausgingen“ erschlossen oder zumindest nahe gelegt werden.

Verschiedene Experimente zeigen diese Effekt des Erschließens aufgrund von Fehlschlüssen: Probanden mussten jeweils einen der  folgenden Sätze lernen:

  1. Drei Schildkröten ruhten sich neben einem Stück Treibholz aus, und ein Fisch schwamm unter ihnen.
  2. Drei Schildkröten ruhten sich auf einem Stück Treibholz aus, und ein Fisch schwamm unter ihnen.

 

Die Probanden, die den ersten Satz gelernt hatten, sollten später beurteilen, ob sie diesen Satz gelernt hatten:

  1. Drei Schildkröten ruhten sich neben einem Stück Treibholz aus, und ein Fisch schwamm unter ihnen.

Nur wenige Probanden glaubten, dass Sie diesen Satz gelernt hatten. Probanden, die den zweiten Satz gelernt hatten, wurden mit folgendem Satz getestet:

  1. Drei Schildkröten ruhten sich auf einem Stück Treibholz aus, und ein Fisch schwamm unter ihnen

Satz 4 wurde von dieser Probandengruppe viel häufiger dem gelernten Material zugeordnet als Satz 3 von den anderen Probandengruppen. Satz 1 und 3 schien den Probanden aufgrund ihrer logischen Rekonstruktion unwahrscheinlich.

Enkodierungsspezifität

Die Gedächtnisleistung für Wörter steigt, wenn diese Wörter im Kontext derselben Wörter getestet werden, in dem sie ursprünglich gelernt wurden (Prinzip der Enkodierungsspezifität)

Experimentelle Beweisführung

Die Probanden mussten Wortpaare wie „Himmel blau“ lernen. Dabei wurde ihnen gesagt, dass es jeweils nur auf das zweite Item ankomme (hier: blau). Das erste Wort (hier: Himmel) bildete den Kontext. Beim späteren Test wurden den Probanden entweder blau oder Himmel blau dargeboten. In beiden Fällen sollten sie entscheiden, ob sie ursprünglich „blau“ gesehen haben. Die Wiedererkennungsrate für blau erreichte bei der Darbietung nur eines Wortes 76% und bei der Darbietung beider Wörter 85%.

 

Enkodierungskontext

Die Gedächtnisleistung erhöht sich, wenn die äußeren und die inneren Zustände in der Lern- und der Testsituation übereinstimmen (Effekte des Enkodierungskontextes; besonders im Bezug auf die Stimmung und zustandsabhängiges Lernen).

Experimentelle Beweisführung

Stimmungskongruenz

Die Probanden mussten eine Liste positiver, negativer und neutraler Wörter während eines neutralen Stimmungszustandes lernen. In der Testsituation induzierten sie dann entweder einen positiven oder negativen Zustand. Die Probanden konnten jeweils eine größere Anzahl jener Wörter wiedergeben, die ihrem Stimmungszustand zur Testzeit entsprachen.

Teasdale, Russel 1983

Zustandsabhängiges Lernen

Probanden lernen eine Liste von Wörtern, nachdem sie vorher eine Zigarette oder Marihuana geraucht hatten. Vier Stunden später wurden sie getestet, nachdem sie erneut eine Zigarette bzw. Marihuana geraucht hatten. Die folgende Tabelle zeigt, dass die Tests grundsätzlich ohne Drogen am Besten beantwortet wurden, dass aber Marihuanaraucher besser im Test abschnitten, wenn sie beim Test wieder Marihuana geraucht hatten, als ohne Droge.

 

 

Testsituation

Lernsituation

Normale Zigarette

Marihuana-Zigarette

Durchschnitt

Normale Zigarette

25%

20%

23%

Marihuana-Zigarette

12%

23%

18%